Das Totale Europa : S&P droht mit Abstufung des EFSF

S&P verkommt mehr und mehr zu einer Lachnummer. Drohen bis der ESM durchgewunken ist, so offensichtlich die Devise. Würde man es genau nehmen, hätte keine Nation mehr ein Triple A. Solange jedoch die USA und England noch AAA haben, ist das Ganze eh nicht für voll zu nehmen. In der Drohung gegen den EFSF und natürlich gegen Europa schwingt auch diese Nachricht entsprechend mit.


Werfen wir kurz einen Blick in SpOn:

Schuldenkrise: Rating-Agentur attackiert Euro-Rettungsfonds
Die Euro-Retter müssen den nächsten Schlag hinnehmen: Die Rating-Agentur Standard & Poor’s droht, die Bonität des Rettungsfonds EFSF um ein oder zwei Stufen zu senken. In diesem Fall könnte die Krisenstrategie der Europäer ernsthaft gefährdet sein.
[…]
Finanzminister Wolfgang Schäuble bezeichnete die Rating-Drohung als Handlungsaufforderung an die EU: „Die Warnung betrifft die Euro-Zone als Ganzes.“
[…]
Vom Koalitionspartner FDP kamen dagegen heftige Attacken gegen S&P: „Ich bin kein Freund von Verschwörungstheorien. Aber manchmal fällt es schwer, den Eindruck zu widerlegen, dass einige amerikanische Rating-Agenturen und Fondsmanager gegen die Euro-Zone arbeiten“, sagte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle dem „Handelsblatt“.[1]

Fazit: Für mich sieht es so aus, als würde S&P hier die Speichen von Dr. Schäuble polieren. Der Druck vor dem Gipfel am kommenden Wochenende ist absolut notwendig, um eventuelle Abweichler auf Kurs zu bringen. Schäuble will den ESM um jeden Preis.
Der vernichtende Schlag gegen die Demokratie wird hierbei billigend in Kauf genommen. Dr. Schäuble scheint ein Erfüllungsgehilfe der Hochfinanz zu sein, wenn man sich sein Handeln so ansieht. Kommende Woche wird sich alles beruhigen, wenn die notwendigen Schritte in Richtung totalitärer Kompetenz für Brüssel gelegt sind.

Carpe diemdanke an Micha für den Link

[1] http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,802080,00.html


5 Responses to Das Totale Europa : S&P droht mit Abstufung des EFSF

  1. Habnix sagt:

    Wenn wir bei ikn ihnen bisher im Weg gewesen wären und sie den ESM-Vertrag trotzdem durch bringen könnten,dann würden sie sich an uns rächen.Aber wir kleinen Lichter waren ihnen nicht im Weg.Wir waren für die nicht der geringste Widerstand.

    Na es hätte uns wohl nichts genützt,das wir die Helden spielen.So dürfen wir wenigstens weiter hoffen das uns ein Coup gegen die Polit-Kriminellen gelingen kann auch nach ESM.

  2. Habnix sagt:

    Ergänzung:

    So dürfen wir wenigstens weiter hoffen das uns ein Coup gegen die Polit-Kriminellen gelingen kann auch nach Unterzeichnung des ESM durch die Mitgliedsstaaten.

  3. Frank H. sagt:

    Der Teufel frisst vor lauter Hunger seine Kinder. Wirtschaftskannibalismus ist das hier. Sonst Nichts.

  4. Frank H. sagt:

    Oligarchie der Finanz Der Krieg der Banken gegen das Volk

    03.12.2011 · Es gibt einen Weg, wie der Euro gerettet werden kann: Man muss nur der Europäischen Zentralbank erlauben, das zu tun, wofür Notenbanken gegründet worden sind: Geld drucken.
    Von Michael Hudson

    Warum sollte die Kreditvergabe Privileg der Privatbanken bleiben? Protestlager der Occupy-Bewegung vor der europäischen Zentralbank

    Am einfachsten ist die europäische Finanzkrise zu verstehen, wenn man die Lösungsvorschläge betrachtet. Das ist der Traum eines jeden Bankers: ein Sack voller Geschenke, die bei einem demokratischen Referendum kaum Zustimmung finden würden. Bankstrategen haben gelernt, über ihre Pläne nicht demokratisch abstimmen zu lassen, nachdem die Isländer 2010 und 2011 es zweimal abgelehnt haben, der Kapitulation ihrer Regierung vor Großbritannien und den Niederlanden nach den massiven Verlusten isländischer Banken zuzustimmen. Und den Griechen, denen in diesem Herbst ein Referendum verwehrt wurde, blieb nichts übrig, als massenhaft auf die Straßen zu gehen, um ihren Widerstand gegen die von der Europäischen Zentralbank geforderten Privatisierungen zu zeigen.

    Das Problem ist, dass Griechenland seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Die EZB verlangt den Verkauf von Staatsbesitz – Land, Wasser, Häfen – sowie eine Kürzung von Renten und anderen Sozialleistungen. Die ß?untersten 99 Prozentß? sind verständlicherweise empört, wenn sie hören, dass die Spitzenverdiener 45 Milliarden Euro allein in Schweizer Banken geparkt haben sollen und damit weitgehend für das Haushaltsdefizit verantwortlich sind. Dass normale Steuerzahler für Steuerflüchtlinge geradestehen sollen – und für die allgemeine Nichtversteuerung von Vermögen seit den Zeiten der Militärjunta -, sorgt natürlich für Wut. Wenn die Troika aus EZB, Europäischer Union und IWF verkündet, dass die Bevölkerung aufkommen müsse für das, was die Reichen sich nehmen, stehlen, am Finanzamt vorbeischleusen, so ist das keine politisch neutrale Haltung. Hier wird unfair erlangter Reichtum privilegiert.

    Nützliche Idioten

    Ein demokratisches Fiskalregime würde progressive Steuern auf Einkommen und Grundbesitz erheben und Steuerflucht ahnden. Seit dem 19. Jahrhundert haben demokratische Reformer versucht, Volkswirtschaften von Verschwendung, Korruption und Einkommen aus Vermögen zu befreien. Doch die ß?Troikaß? schreibt eine regressive Besteuerung vor, die nur durchzusetzen ist, wenn die Regierung in die Hände nicht gewählter ß?Technokratenß? gelegt wird.

    Die Bezeichnung ß?Technokratenß? für die Administratoren einer derart undemokratischen Politik ist ein zynischer Euphemismus für Finanzlobbyisten oder Finanzbürokraten, die im Namen ihrer Auftraggeber als nützliche Idioten fungieren. Ihre Ideologie sieht den gleichen Sparkurs vor, der verschuldeten Staaten in der Dritten Welt zwischen den 1960ern und 1980ern vom Internationalen Währungsfonds aufgezwungen wurde. Diese Bürokraten sprachen von Stabilisierung der Zahlungsbilanz, öffneten zugleich den Markt und verkauften Exportbetriebe und Infrastruktur an ausländische Gläubiger. Die Folge war, dass die betroffenen Länder sich bei ausländischen Banken und ihren einheimischen Oligarchen noch weiter verschuldeten.

    Faule Kredite

    Dieser Weg wird nunmehr den Sozialdemokratien im Euroraum vorgeschrieben. Die Löhne sollen gekürzt, der Lebensstandard soll verringert werden und die politische Macht auf Technokraten übergehen, die im Auftrag großer Banken und Finanzinstitutionen agieren. Der öffentliche Sektor soll privatisiert, der Arbeitsmarkt dereguliert, Leistungen der Sozial-, Renten- und Krankenversicherung sollen eingeschränkt werden.

    Die Lösung eines jeden größeren sozialen Problems schafft – nicht immer unbeabsichtigt – oft noch größere Probleme. Aus Sicht des Finanzsektors besteht die ß?Lösungß? der Eurokrise darin, die Errungenschaften der Reformer im letzten Jahrhundert (John Maynard Keynes sprach 1936 freundlich von der ß?Euthanasie des Rentiersß?) rückgängig zu machen. Das Bankensystem sollte der Wirtschaft dienen und nicht umgekehrt. Doch nun ist der Finanzsektor zu einer neuen Form der Kriegsführung angetreten – scheinbar weniger blutig, aber mit den gleichen Zielen wie bei den Wikingereinfällen vor mehr als tausend Jahren und beim Vorgehen der europäischen Kolonialmächte, die sich Land und Bodenschätze, Infrastruktur und andere profitable Einnahmequellen aneigneten. Genau darum ging es, als Wilhelm der Eroberer nach 1066 das Domesday Book erstellen ließ – ein Modell für die heutige Politik von EZB und IWF.

    Dass der wirtschaftliche Mehrwert in die Taschen der Banken fließen soll, stellt die traditionellen Wertvorstellungen der meisten Europäer auf den Kopf. Wer sich vorgenommen hat, Einsparungen durchzusetzen, Sozialleistungen zu kürzen, Staatseigentum zu privatisieren, den Arbeitsmarkt zu liberalisieren, Löhne und Renten zu kürzen und Einschränkungen im Gesundheitswesen durchzusetzen, muss den Leuten sagen, dass es keine Alternative gibt. Die Wirtschaft, so heißt es, werde ohne profitablen Bankensektor (wie räuberisch auch immer) einbrechen, da Verluste der Banken bei faulen Krediten und Risikogeschäften das gesamte Finanzsystem zum Einsturz bringen. Da hilft keine staatliche Aufsicht, keine bessere Fiskalpolitik, man muss die Kontrolle vielmehr den Lobbyisten überlassen, damit die nicht mit ihren angehäuften finanziellen Forderungen im Regen stehen.

    Die Banken wollen, dass der wirtschaftliche Mehrwert in Form von Zinsen ausgezahlt und nicht für die Anhebung des Lebensstandards verwendet wird, nicht für Staatsausgaben oder auch nur für Investitionen. Forschung und Entwicklung – das dauert viel zu lange. Die Finanzwelt denkt in kurzen Zeiträumen. Diese Sichtweise ist kontraproduktiv, wird aber als der Weisheit letzter Schluss ausgegeben. Die Alternative (staatliche Eingriffe in den ß?freien Marktß? durch Regulierung und progressive Steuern) führe nur in die Knechtschaft.

    Verschuldetes Volk

    Natürlich gibt es eine Alternative. Es ist das, was die europäische Zivilisation – seit dem Mittelalter über die Aufklärung und die Hochzeit der klassischen politischen ßkonomie – zu schaffen bestrebt war: eine Wirtschaft ohne Einkommen aus Vermögen, frei von Sonderinteressen und Privilegien zur Erzielung von ß?Rentenß?. In den Händen der Neoliberalen dagegen bietet der freie Markt einer steuerbegünstigten Rentiersklasse die Freiheit, Zinsen, Vermögen und Monopolpreise zu erzielen.

    Der Rentier betrachtet sein Verhalten als ß?Schaffung von Wohlstandß?. Wirtschaftsschulen lehren, wie Privatisierer Bankkredite und Anleihen aufnehmen und als Sicherheitsleistung die Einnahmen aus dem Verkauf von Infrastrukturangeboten bieten. Die Idee ist, diese Einkünfte als Zinsen an Banken und Investoren abzutreten und dann Gewinne zu erzielen, indem man die Gebühren für Straßen und Häfen, Wasser und Kanalisation und andere Dienstleistungen erhöht. Den Regierungen wird erklärt, dass es dem Land wirtschaftlich besser geht, wenn Leistungen der öffentlichen Hand eingeschränkt und Staatsunternehmen verkauft werden.
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    Nie war die Kluft zwischen angeblichem Ziel und tatsächlicher Wirkung größer. Die Steuerbefreiung von Zinseinkünften (und Kapitalgewinnen) verringert die Einnahmen des Staates und erhöht das Haushaltsdefizit. Und Privatisierung führt nicht zu mehr Preisstabilität (die angebliche Priorität der EZB), sondern zu Preiserhöhungen in der Infrastruktur, auf dem Wohnungsmarkt und bei anderen Lebenshaltungskosten und im Geschäftsleben, insofern Zinsen und andere Kosten – sowie deutlich höhere Managergehälter – umgelegt werden. Dass diese Praxis effizienter ist, kann man also nur als ideologische Schutzbehauptung bezeichnen.

    Es besteht keine technische oder ökonomische Notwendigkeit, dass die europäischen Finanzmanager weite Teile der Bevölkerung unter Druck setzen. Aber es gibt erhebliche Gewinnchancen für die Banken, die Einfluss auf die Wirtschaftspolitik der EZB erlangt haben. Seit den sechziger Jahren sind Haushaltskrisen eine gute Gelegenheit für Banken und Investoren, Kontrolle über die Fiskalpolitik zu erlangen – die Steuerlast wird auf die Arbeitnehmer abgewälzt, und die Sozialausgaben werden gekürzt, alles zum Vorteil ausländischer Investoren und der Finanzwirtschaft. Diese gewinnt durch Sparmaßnahmen, die den Lebensstandard verringern und Sozialausgaben einschränken. Eine Schuldenkrise ermöglicht es der lokalen Finanzelite und ausländischen Banken, den Rest der Gesellschaft zu verschulden, indem sie ihr Kreditprivileg nutzen, um sich Vermögen anzueignen und die Bevölkerung in Schuldenabhängigkeit zu bringen.

    Dieser Krieg, der in Europa inzwischen ausgetragen wird, hat nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen. Es besteht die Gefahr, dass die hoffnungsvolle Epoche der letzten fünfzig Jahre zu Ende geht und ein neues Zeitalter der Polarisierung beginnt, wenn eine Finanzoligarchie demokratische Regierungen verdrängt und ganze Bevölkerungen in Schuldenabhängigkeit stürzt. Damit diese verwegene Strategie Erfolg hat, müssen die politischen und legislativen Prozesse, die das verhindern könnten, aufgehoben werden. Politische Panik und Anarchie erzeugen ein Vakuum, in das Finanzhaie rasch eindringen und ihre eigenen Lösungen als alternativlos präsentieren, nicht zuletzt mit falschen Ansichten zur Wirtschaftsgeschichte – im Fall der EZB besonders der deutschen Geschichte.
    Billiges Geld

    Regierungen brauchen Geld nicht von Geschäftsbanken oder anderen Kreditgebern zu leihen. Seit der Gründung der Bank von England im Jahr 1694 wurden Notenbanken gegründet, denen es obliegt, Geld zur Finanzierung von Staatsausgaben zu drucken. Banken vergeben Kredite gegen Zinsen. Heutzutage bekommen Banken billiges Geld von der Zentralbank (bei 0,25 Prozent Zinsen in den Vereinigten Staaten), das sie gegen höhere Zinsen weitergeben. Banken sehen es also gern, wenn ihnen von der Zentralbank Geld zur Verfügung gestellt wird. Wenn es aber darum geht, dass Regierungen zur Finanzierung ihres Haushaltsdefizits Geld schaffen, dann möchten Banken diesen Markt und die Gewinne am liebsten für sich allein haben.

    Die europäischen Geschäftsbanken bestehen darauf, dass die EZB staatliche Haushaltsdefizite nicht finanzieren soll. Private Kreditschöpfung ist aber nicht zwangsläufig weniger inflationär als eine Monetarisierung von Staatsschulden. Die meisten Bankdarlehen werden auf Immobilien, Aktien und Anleihen vergeben – und führen zu einer Erhöhung der Preise für Immobilien und finanzielle Sicherheiten (wie etwa bei Darlehen für fremdfinanzierte ßbernahmen). Vor allem der Staat steckt Kredite in die ß?realeß? Wirtschaft, also für Beschäftigte oder Waren oder Dienstleistungen. Wenn Regierungen keine Zinsen zahlen (weil die Zentralbank Geld druckt), erscheint das nicht im Haushalt. (So verfuhr Abraham Lincoln, der den amerikanischen Bürgerkrieg per Druckerpresse finanzierte.)

    Banken wollen ihr Privileg der Kreditvergabe nutzen, um an der Finanzierung staatlicher Defizite Geld zu verdienen. Sie haben also ein eigenes Interesse daran, die Option einer Monetarisierung des Haushaltsdefizits zu begrenzen. Zu diesem Zweck fahren Banken massive Attacken gegen Staatsausgaben und gegen den Staat überhaupt ß? der als Einziger die Macht hat, sie in die Schranken zu weisen oder alternative Finanzoptionen anzubieten, wie etwa die Postbanken in Japan, Russland und anderswo. Aus dieser Rivalität zwischen Geschäftsbanken und Staat rührt die unzutreffende Behauptung, die staatliche Kreditvergabe trage viel mehr zur Inflation bei als die der Geschäftsbanken.

    Wie es tatsächlich aussieht, macht ein Vergleich zwischen der Finanzpolitik in Amerika, Großbritannien und Europa deutlich. Die US-Treasury ist mit Abstand der weltweit größte Schuldner; die größten Banken sind bei ihren Anlegern und anderen Geldinstituten weit höher verschuldet, als sie aus ihrem Portfolio von Darlehen, Investments und diversen Finanzgeschäften aufbringen können. Doch inmitten der globalen Finanzkrise legen institutionelle Investoren ihr Geld in US-Anleihen an, die inzwischen weniger als ein Prozent abwerfen. Dabei ist ein Viertel des Immobilienmarkts verschuldet, amerikanische Bundesstaaten und Städte stehen vor der Zahlungsunfähigkeit und müssen ihre Ausgaben kürzen. Große Unternehmen gehen bankrott, Betriebsrenten geraten immer weiterin Rückstand, und doch bleibt die amerikanische Wirtschaft ein Kapitalmagnet.

    Die britische Wirtschaft ist ebenfalls ins Stolpern geraten, doch die Regierung muss nur zwei Prozent Zinsen zahlen, während in Europa teilweise mehr als sieben Prozent bezahlt werden müssen. Das liegt daran, dass diese Länder keine ß?staatliche Optionß? bei der Geldschöpfung haben. Im Unterschied zu Europa haben Amerika und Großbritannien Notenbanken, die Geld drucken können, um Zinsen zu bezahlen oder bestehende Schulden zu finanzieren. Niemand erwartet, dass diese beiden Staaten Staastbesitz verkaufen müssen, um Geld aufzutreiben (auch wenn man sich diese Option offenhält). Wenn Treasury und Fed Geld schaffen können, dann folgt daraus, dass sie ß? solange die Verschuldung in Dollar beziffert wird ß? genug Schuldscheine drucken können, so dass Inhaber von US-Staatsanleihen nur Wechselkursrisiken eingehen.
    Falsche Erinnerung

    Dagegen hat die Eurozone zwar eine Zentralbank, doch nach Artikel 123 des Vertrages von Lissabon darf die EZB nicht das tun, wofür Notenbanken eingerichtet wurden ß? Geld bereitzustellen, mit dem Haushaltsdefizite finanziert oder Schulden umgeschichtet werden können. Künftige Historiker werden es bemerkenswert finden, dass eine ßberlegung hinter dieser Politik steht ß? zumindest eine Schutzbehauptung. Der Firnis ist aber so dünn, dass man unschwer erkennen kann, wie verzerrt sie ist: Die Kreditvergabe durch die Zentralbank gefährde die Preisstabilität. Nur Staatsausgaben gelten als inflationär, nicht private Kredite.

    Die Regierung Clinton sorgte Ende der 1990er Jahre für einen ausgeglichenen Haushalt, und doch explodierte die Bubble Economy. Andererseits überschwemmten Fed und Treasury nach dem September 2008 den Markt mit 13 Billionen Dollar an Krediten und noch einmal 800 Milliarden Dollar im letzten Sommer nach dem ß?Quantitative Easing Programß? der Notenbank. Aber Verbraucher- und Rohstoffpreise steigen nicht. Nicht einmal Immobilien- oder Aktienpreise ziehen an. Dass mehr Geld zu höheren Preisen führt, ist heute also nicht festzustellen.

    Noch bemerkenswerter ist das Zerrbild der deutschen Geschichte, das uns immer wieder präsentiert wird. Nach Auffassung von EZB-Beamten wäre es wegen des Hyperinflationsrisikos unverantwortlich, wenn eine Zentralbank dem Staat Geld leiht. Erinnerungen an die Inflation während der Weimarer Republik werden beschworen. Bei genauerem Hinsehen erweist sich das jedoch, um einen Terminus von Psychiatern zu verwenden, als ß?implantierte Erinnerungß? ß? der Patient ist überzeugt, etwas Traumatisches erlebt zu haben, bildet sich das aber nur ein. Entscheidend ist nicht, dass sich der Staat damals Geld von der Zentralbank geliehen hat, um (genau wie heute) Sozialprogramme, Renten oder das Gesundheitswesen zu finanzieren. Vielmehr waren es die Reparationen, welche die Reichsbank veranlassten, die Devisenmärkte mit Reichsmark zu überschwemmen, um die Forderungen der Alliierten in Pfund Sterling, Francs und anderen Währungen bezahlen zu können. Die Hyperinflation war eine Konsequenz der Reparationsforderungen. Keine noch so hohe Steuer hätte diese Devisenbeträge aufbringen können.

    Eine Art Krieg

    In den dreißiger Jahren wurde das bald erkannt. John Maynard Keynes und andere analysierten die strukturell begrenzte Fähigkeit, Auslandsschulden aus dem laufenden Haushalt zurückzuzahlen. Von Salomon Flinks ß?The Reichsbank and Economic Germanyß? (1931) bis zu den Untersuchungen der Hyperinflation in Chile haben ßkonomen eine gemeinsame Ursache herausgefunden: Zuerst fällt der Wechselkurs. Dies führt zu einer Verteuerung der Importe und folglich des lokalen Preisniveaus. Um Käufe auf diesem höheren Niveau tätigen zu können, braucht man mehr Geld. Die Abfolge führt vom Zahlungsbilanzdefizit über Abwertung und Verteuerung der Importe zur Geldmenge, nicht umgekehrt.

    Wenn der Euro kollabiert, dann deswegen, weil verschuldete Staaten der Eurozone Geld bezahlen müssen, das sie sich borgen müssen und nicht durch die Notenbank beschaffen können. Im Gegensatz zur amerikanischen und britischen Zentralbank, die Geld drucken und das Land vor der Insolvenz bewahren können, hat die EZB diese Möglichkeit nicht ß? dafür sorgen die deutsche Verfassung und der Vertrag von Lissabon.

    Also müssen sich die Staaten Geld von Geschäftsbanken leihen. Das bietet den Banken die Gelegenheit, eine Krise zu schaffen ß? einzelnen Staaten mit Rauswurf aus der Eurozone zu drohen, wenn sie nicht die Bedingungen des neuen Klassenkampfs der Banken gegen die Beschäftigten akzeptieren.

    Das dritte Charakteristikum eines Nationalstaats ist die Macht, Krieg zu erklären. Was wir heute sehen, ist eine Art Krieg. Es handelt sich im Grunde um einen Finanzkrieg, aber die Ziele sind die gleichen wie bei militärischen Eroberungen ß? zuerst Land und Bodenschätze, dann die öffentliche Infrastruktur, deren Nutzung kostenpflichtig gemacht wird, und schließlich andere staatliche Unternehmen oder Vermögenswerte.

    Neuer Klassenkampf

    Dieser neue Finanzkrieg zwingt Regierungen, im Auftrag der Eroberer gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen. Das ist natürlich nicht neu. Zwischen den sechziger und achtziger Jahren mussten lateinamerikanische Diktaturen, afrikanische Militärregierungen und andere Oligarchien unter dem Druck von IWF und Weltbank massiv sparen. Irland und Griechenland, Spanien und Portugal erleben nun das gleiche Szenario. Die staatliche Politik wird in die Hände supranationaler Finanzagenturen gelegt, die im Auftrag der Banken agieren ß? und im Interesse der obersten Schicht der einheimischen Bevölkerung.

    Wenn Schulden nicht zurückbezahlt oder umgeschichtet werden können, kommt die Zeit der Zwangsvollstreckung. Regierungen müssen mit dem Erlös aus Privatisierungen Gläubiger befriedigen. Privatisierung ist nicht nur ein Bereicherungsinstrument, es geht auch darum, Staatsbedienstete durch Arbeiter zu ersetzen, die gewerkschaftlich nicht organisiert, schlechter versichert sind und kaum Mitspracherecht haben. Der alte Klassenkampf ist also wieder da ß? mit einer finanziellen Schraube: In einer schrumpfenden Wirtschaft kann mit Hilfe von Schuldendeflation die Widerstandskraft der Beschäftigten gebrochen werden.

    Außerdem können die Gläubiger Einfluss auf die Fiskalpolitik nehmen. Da das europäische Parlament keine Steuergesetze erlassen kann, geht die Fiskalpolitik an die EZB über. Und die EZB, als Vertreterin der Geschäftsbanken, scheint von Steuerprogression, wie sie im zwanzigsten Jahrhundert befürwortet wurde, nicht viel zu halten. Und wie amerikanische Finanzlobbyisten fordern, sollen staatliche Sozialleistungen von den Lohnabhängigen finanziert werden. Die Verlagerung der Steuerlast von Immobilien und Finanzen auf die Beschäftigten und die ß?realeß? Wirtschaft wird, neben den Privatisierungsgewinnen, zusätzliche Steuergewinne versprechen.

    Das ist kontraproduktiv und kurzsichtig. Die Ironie ist, dass die Verschuldung der PIIGS-Staaten vor allem auf die Nichtbesteuerung von Vermögen zurückzuführen ist. Eine weitere Verschiebung der Steuerlast wird die Lage dieser Staaten eher verschlimmern als stabilisieren. Aber Banken interessiert nur der kurzfristige Gewinn. Sie wissen, dass Steuern, die Grundbesitzer und Unternehmer nicht entrichten müssen, als Zinsen den Finanzinstituten zufließen dürften. Griechenland und andere Staaten sollen also für ihre Rettung bezahlen, indem sie die Sozialausgaben kürzen (nicht aber das Militärbudget, mit dem deutsche und französische Waffen gekauft werden), die Steuerlast den Beschäftigten und Betrieben aufbürden und, in Gestalt von höheren Kosten für noch nicht privatisierte staatliche Dienstleistungen, auch den Verbrauchern.

    Chancen der Krise

    Der britische Premierminister David Cameron ist der Ansicht, durch weitere Einschnitte à la Thatcher und Blair würden mehr Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft geschaffen. Tatsächlich führen Haushaltskürzungen zu Arbeitslosigkeit oder zwingen die Leute zumindest, sich schlechter bezahlte Jobs zu suchen. Staatliche Einschnitte werden sich aber auch auf die Unternehmen auswirken, die fiskalischen und Schuldenprobleme werden sich verschärfen und die Wirtschaft immer weiter in die Rezession treiben. Haushaltskürzungen entziehen der Wirtschaft Geld, es kann weniger für Güter und Dienstleistungen ausgegeben werden. Das Ergebnis kann nur Arbeitslosigkeit und weitere Zahlungsunfähigkeit sein. Island und Lettland mögen als Kanarienvögel in diesem Finanzbergwerk dienen. Deren jüngste Erfahrung zeigt, dass Schuldendeflation zu Abwanderung, sinkender Lebenserwartung, sinkenden Geburtenraten, weniger Ehen und Familiengründungen führt ß? aber wunderbare Gelegenheiten für Heuschreckenfonds bietet.

    Die heutige Wirtschaftskrise ist eine Frage des politischen Wollens und keine Notwendigkeit. Wie Präsident Obamas Stabschef Rahm Emanuel bemerkte: ß?Krisen sind viel zu gute Chancen, als dass man sie ungenutzt verstreichen lassen dürfte.ß? In solchen Fällen ist die naheliegende Erklärung meist, dass jemand ein besonderes Interesse an der Krise hat. Wirtschaftskrisen verstärken Arbeitslosigkeit, und die wiederum schwächt die Position der Beschäftigten. Die Hochfinanz reibt sich die Hände, während die arbeitende Bevölkerung auf Ersparnisse verzichten und Rentenkürzungen hinnehmen muss. Die Großen fressen die Kleinen.

    Das ist es, was sich die Finanzbranche offenbar unter guter Wirtschaftsplanung vorstellt. Aber es ist noch schlimmer als ein Nullsummenspiel, bei dem der eine verliert, was der andere gewinnt. Die Volkswirtschaften werden insgesamt schrumpfen ß? es wird zu einer Polarisierung zwischen Gläubigern und Schuldnern kommen. Wirtschaftliche Demokratie wird der Finanzoligarchie weichen, die Entwicklung der letzten Jahrhunderte wird rückgängig gemacht.

    Ist Europa tatsächlich bereit, diesen Weg zu gehen? Ist den Wählern klar, dass das Privileg der Geldschöpfung in die Hände der Banken gelegt wird, wenn Regierungen sich diese Option entreißen lassen? Viele Kommentatoren haben dieses anscheinend unausweichliche Szenario beschrieben. Selbst wenn Regierungen sich diese Option offenhalten, also Geld drucken, um das Haushaltsdefizit zu finanzieren, bleibt ein großes Problem: Die bestehende Verschuldung belastet die Wirtschaft. Banken und die sie stützenden Politiker sind nicht bereit, Schulden abzuschreiben.
    Geschäftsplan des Finanzsektors

    Banken wollen nicht die Verantwortung für faule Kredite übernehmen. Das führt zu der Frage, was Politiker tun sollen, wenn Banken auf so unverantwortliche Weise Kredite zur Verfügung gestellt haben. Aber jemand muss Verluste akzeptieren ß? die Gesellschaft oder die Banken? Dieses Problem wollen Banken nicht lösen. Sie reichen es an die Regierungen weiter und fragen, wie ihnen von staatlicher Seite geholfen werden kann ß? auf Kosten der Steuerzahler. Irgendwie hält man an der Illusion fest, die Verschuldung könne gemanagt werden, wenn man sie den Steuerzahlern aufbürdet. Schuldendienst und Steuern sind aber Geschäftskosten, so dass jedes Land, das diesem Vorschlag folgt, höhere Kosten hat und auf den globalen Märkten weniger konkurrenzfähig sein wird. Die Vorstellungen des Finanzsektors laufen auf eine Deindustrialisierung hinaus. ß?Schuldenrückzahlungß? bedeutet praktisch Schuldendeflation und eine allgemein schrumpfende Wirtschaft.

    So sieht der Geschäftsplan des Finanzsektors aus ß? aber die Fiskalpolitik und zentralisierte Planung in den Händen der Banken zu lassen ist das Gegenteil dessen, worum es in den letzten Jahrhunderten freier Marktwirtschaft gegangen ist. Das klassische Ziel war, möglichst wenig Schulden zu machen, Erträge aus Land und Bodenschätzen zu besteuern und Monopolpreise entsprechend den tatsächlichen Produktionskosten zu gestalten. Banken haben in zunehmendem Maß auf ebenjene Einkünfte Kredite gegeben, die nach Ansicht von ßkonomen die natürliche Steuergrundlage sein sollten.

    Wir müssen uns entscheiden. Wollen wir die letzten Jahrhunderte liberaler ßkonomie aufgeben und die Wirtschaftsplanung ausschließlich den Banken überlassen? Oder wird sich die Gesellschaft auf die klassischen Grundsätze der Wirtschaftsreformer des 20. Jahrhunderts besinnen und für eine sozialverträgliche Gestaltung der Finanzmärkte und für langfristiges Wachstum eintreten?

    Michael Hudson

    Bekannt wurde der Professor der Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Missouri in Kansas City, als er im Jahr 2006 in ß?Harperß?s Magazineß? mit seinem Artikel ß?The New Road to Serfdom: An illustrated guide to the coming real estate collapseß? als erster und einziger den genauen Zeitpunkt voraussagte, zu dem die amerikanische Immobilienblase platzen sollte. Die verheerenden Folgen für die gesamte Wirtschaft sah er ebenfalls kommen. Hudson, Jahrgang 1939 und akademischer Lehrer von David Graeber (ß?Debt: The First 5000 Yearsß?), hat als Regierungsberater für Island, Lettland und China gearbeitet, ist Autor mehrerer Bücher zur antiken Wirtschaft und gehört zu dem Teil der Occupy-Bewegung, die sich aus Finanzexperten und ßkonomie-Professoren zusammensetzt. F.A.Z.

    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/oligarchie-der-finanz-der-krieg-der-banken-gegen-das-volk-11549829.html

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